Die Genauigkeit der Richtungsmessung mit Theodoliten ist im Wesentlichen beeinflusst durch die Genauigkeit der Lage der Teilstriche auf den Teilkreisen. Bei Präzisionstheodoliten, auch Sekundentheodolite genannt, wird bei der Richtungsmessung eine Genauigkeit von 1" oder 0,0003gon vorausgesetzt. Auf eine Beobachtungsdistanz von einem Kilometer ergibt das eine Querabweichung von 4,7mm.
Solche Präzisionstheodolite haben Teilkreisradien von etwa 40mm. Jeder einzelne Teilstrich muss, um den Genauigkeitsanspruch zu erfüllen, mit einer Genauigkeit von bis zu 0.0001mm auf dem Teilkreis aufgebracht sein.
Eines der bestgehüteten Geheimnisse der Firma Kern waren die Teilmaschinen. Nur wenige Eingeweihte hatten Zutritt zu den Teilmaschinen, denn damit wurde die Winkelteilung auf die Glaskreise aufgetragen. Teilkreise sind die Massstäbe für die Winkel und damit massgebend für die Genauigkeit der Winkelmessung mit Theodoliten. Kern war der einzige Hersteller von Vermessungsinstrumenten, der seine Teilmaschinen selber entwickelt und hergestellt hat.
Den ehemaligen Mitarbeitern Dr. Heinz Aeschlimann und Bruno Erb verdanken wir diesen Film, Produktion: Ruedi Wullschleger.
Auf den beiden Kreisteilmaschinen der Studiensammlung Kern wurden bis 1985 die Teilkreise für Theodolite geteilt. Dr. Heinz Aeschlimann und Bruno Erb haben sie wieder zum "Leben" erweckt und die Geschichte und Funktion dieser von Kern eigens entwickelten Maschinen in einem im Herbst 2019, zum Jubiläum 200 Jahre Kern erschienen Buch, minutiös beschrieben. Reichlich bebildert ist ein 113 seitiges Werk entstanden, das neben den technischen Höhenpunkten auch unterhaltsam über die historischen Hintergründe berichtet. Das Buch ist im Buchhandel unter ISBN 978-3-033-07471-2 erhältlich oder kann direkt im Shop auf dieser Webseite bestellt werden.
Die Abbildung zeigt vom Sekundentheodolit Kern DKM2-A einen Ausschnitt der Teilung des Vertikalkreises 360°.
Durchmesser Hauptteilung | 69 mm | |
Durchmesser Hilfsteilung | 71 mm | |
Strichlänge | 0,210 mm | |
Strichdicke | 0,006 mm | |
Ziffernhöhe | 0,100 mm |
Auf den Teilkreisen der optisch-mechanischen und der elektronischen Theodolite sind bis zu 20'000 Teilstriche aufgetragen. Der Teilungsprozess dauerte bis zu 22 Stunden, wobei jeweils 4 Teilkreise gleichzeitig geteilt wurden.
Mit dieser ältesten Teilmaschine, Jakob Kern hatte sie vermutlich anfangs des 19. Jahrhunderts beschafft, wurden die ersten Teilkreise der noch jungen Firma hergestellt (Inventar Nr. 1833). Sie stand ab 1965 vor dem Ausstellungsraum im Flügel der Vertriebsabteilung und wird manchem Mitarbeiter und Werkbesucher noch in Erinnerung sein. Auf dieser Maschine wurden die Messingkreise der frühesten Theodolite, wie sie im Preis-Courant abgebildet sind, geteilt.
Die Maschine, so wie sie heute in der Studiensammlung Kern steht, ist leider unvollständig und revisionsbedürftig.
Diese beiden Teilmaschinen sind neueren Datums. Die Maschine B (Inventar Nr. 1909) stammt aus dem Jahre 1946 und wurde für Winkelteilungen in Grad, Gon und Art. Promille verwendet. Sie ist in betriebsfähigen Zustand. Die Maschine L (Inventar Nr. 1908) wurde 1973 in Betrieb genommen und ist heute noch betriebsfähig. Eine Maschine zur Bezifferung der Teilkreise wurde von Kern um 1965 gebaut (Inventar Nr. 1910 und 1912), sie steht ebenfalls in der Sammlung.
Mehr über Teilkreise, ihre Teilungen und über die Kreisteilmaschinen der Firma Kern & Co. AG in diesem Artikel von Dr. Heinz Aeschlimann aus VPK 4/2001.
Der amüsante Trailer Leerlauf von Ruedi Wullschleger gibt, auf eine etwas andere Art, Einblicke in die Funktion der Kreisteilmaschine.
Ein kurzer Ausschnitt aus dem Film "Modernste Vermessungsinstrumente" von 1955 zeigt eine Kreisteilmaschine im Betrieb.
Die Kreisteilmaschine J ist baugleich zur Maschine L und wurde 1969 gefertigt. Sie ging im Jahre 2001 an das Museum für Kunst- und Kulturgeschichte der Stadt Dortmund in Deutschland. Hier unterhält der Förderkreis Vermessungstechnisches Museum e.V. eine Schausammlung. Das Ziel dieser gemeinnützigen Organisation ist es, die Geschichte des Vermessungswesens zu erforschen und sie der Fachwelt und der interessierten Öffentlichkeit darzustellen.
Auf der Maschine K, gebaut 1970, wurden bis 1989 die Kreise der Theodolite DKM2 und DKM2-A geteilt. Sie ging im November 1989 an das Deutsche Museum nach München. Nach letzten Informationen ist die Maschine zur Zeit eingelagert.
Von den fünf bei Kern entwickelten und von 1946 bis 1975 gebauten Kreisteilmaschinen sind unseres Wissens noch vier erhalten. Die Maschine D, gebaut 1960, wurde zu einem uns unbekannten Zeitpunkt entsorgt.